Eine Strategie gegenüber der PDS hat zwei Aspekte, die nur analytisch, nicht jedoch praktisch getrennt werden können: Vergangenheit einerseits, Gegenwart/Zukunft andererseits. Vieles ergibt sich aus dem bisher Gesagten. Verbieten hat nun keinen Zweck mehr, wohl aber immer wieder zu betonen, daß sie es verdient hätte.
a) Vergangenheitsaspekt
Zuerst muß betont werden, daß es sich um eine sogenannte "PDS" handelt.
Denn die wahren demokratischen Sozialisten waren die Widerständler und Oppositionellen (z.B. auch beide Autoren);
Zweitens muß immer wieder gesagt werden, daß es sich nicht um die Nachfolgepartei sondern um die umbenannte SED handelt. Der Mitgliederschwund von 2,2 Mio auf 90000 bewirkte, daß es sich, wie Peter Hintze feststellte, um das "Konzentrat der SED" handelt, somit um die besonders linksreaktionären Elemente.
Entscheidend ist jedoch die geistige Auseinandersetzung mit Wurzeln und Geschichte des Kommunismus, die erneut und verstärkt geführt werden muß. PDS-Leute reagieren aggressiv, wenn man Marx als bösartigen Narzißten und Wegbereiter des Totalitarismus entlarvt14. Marx als "gottloser Selbstgott" (Heine) war Begründer einer politischen Religion oder Ersatzreligion, deren Verbrechen schon in der diesseitigen Eschatologie angelegt waren. Es kann und muß gezeigt werden, daß die politische Diktatur logische Konsequenz marxistischer planwirtschaftlicher Konzepte ist, daß die technologische Impotenz und ökonomische Instabilität aus den Prinzipien der politischen Ökonomie der Realen Sozialismus folgt, ebenso wie geheimpolizeiliche und letztlich kriegerische Aktivität nach außen. Es ist falsch, dem Kommunismus humanistische Ideale, eine gute Idee mit falscher Ausführung zu bescheinigen.
Bei Vergleichen von NS-Diktatur und DDR muß darauf hingewiesen werden, daß es sich bei letzterer nur um einen Satelliten des roten, bei ersterer aber um den Kernstaat des braunen Totalitarismus handelte. Ein sinnvoller Vergleich wäre etwa der zwischen der DDR und Horty-Ungarn. Es war übrigens nicht das Verdienst der Gruppe Ulbricht, daß Väterchen Stalin schon 1953 starb.
Eine solche Auseinandersetzung kann nicht nur Aufgabe einer Partei sein, selbst wenn es sich um eine Volkspartei handelt. Aber ihre Funktionsträger sollten in Sachen demokratischem Antikommunismus sattelfest sein. "Antifaschismus" hingegen hatte immer auch die Dimension eines stalinistischen Kampfbegriffes zur Verschleierung der Verwandtschaft zweier ungleicher Brüder (und ist in gewisser Hinsicht eine Verharmlosung des deutschen Nationalsozialismus). Was Not tut, ist ein antitotalitärer Konsens.
b) aktuelle Aspekte
Ein authentischer Sozialdemokrat wie Klaus von Dohnanyi meinte im Wahlkampf, man müsse weniger Aufmerksamkeit auf die Vergangenheit der PDS richten, sondern vielmehr die Auseinandersetzung um ihre Konzepte, insbesondere die wirtschaftlichen, die "vollkommen meschugge" seien, führen. Wir meinen, daß das eine aus dem anderen folgt: was vergangen ist wird unter neuen Bedingungen mit den bornierten Konzepten von heute fortgesetzt. Außerdem macht man die sogenannte PDS weiter hoffähig, wenn man ihr die Vergangenheitsklärung erspart. Da man sie nicht mehr behandeln kann, wie Parteien rechts der Union behandelt werden, muß man sich schon, z.B. in Talk-Shows, mit ihr auseinandersetzen. Aber nicht ohne immer wieder zu sagen, daß sie eigentlich behandelt gehört, wie Schönhuber & Co., daß die westdeutsche Linke falsch gespielt hat, weil sie Gysi & Co. groß machten, während CDU/CSU z.B. die Republikaner klein hielten.
Und natürlich müssen ihre Umverteilungs-Konzepte, unsinnig wie sie sind, als solche bekämpft werden. Leider "funktioniert der Sozialismus immer nur unter Aussetzung der vier Grundrechenarten" (Arnold Vaatz), und "Sozialismus mit Westgeld" (Vera Lengsfeld) wird auf die Dauer nicht gehen. Die Transfers können nicht ewig laufen. Der Geduldsfaden des vornehmlich west- und süddeutschen steuerzahlenden Michels wird irgendwann reißen, es könnte sein, daß der Geldhahn zugedreht wird. Hier muß die PDS, die mit ihrer Ossi-Wessi-Rhetorik genau dies provoziert, in ihrer Kontinuität als Spalterpartei gezeigt werden.
Nicht ungefährlich ist die nun auch von der PDS betriebene Instrumentalisierung der ökologischen Frage, analog der linksradikalen Eroberung der Grünen Partei durch Josef Fischer und Anhang in den 80ern17. Manch Genosse bekommt glänzende Augen, wenn vom Ozonloch die Rede ist - der alte böse Kapitalismus wird schon noch scheitern18. Dann erscheint die ökosozialistische Diktatur am Horizont der Menschheit.
Die Union hat noch nicht hinreichend begriffen, daß Ökologie, Feminismus und Dritte-Welt-Ideologie in gewissem Sinne Zerfallsprodukte des Marxismus sind (daher auch ihre quasireligiöse Qualität): An die Stelle des ausgebeuteten und mit antikapitalistischer "historischer Mission" begabten Proletariats tritt die geschundene Natur, "die Frau", die "Dritte Welt" - wie dürr diese Abstraktionen auch immer sein mögen. In der ökologischen Frage hat auch die Union zusehr dem Zeitgeist nachgegeben. Man ließ z.B. jene ernsthaften Wissenschaftler, die begründete Zweifel am "Treibhauseffekt" äußern, kaum zu Wort kommen. Und man sollte sich auch die Frage ernsthaft stellen, ob die CDU nicht die Partei jener starken Frauen sein sollte, die eine Quote nicht brauchen. Und ob die Probleme der "Entwicklungsländer" nicht vor allem hausgemacht sind, diese statt korrupten Eliten nicht vor allem Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft brauchen, also "westliche Werte".
Die PDS will nach wie vor "das kapitalistische System" überwinden, ist "Systemopposition" und hat nur, was Kommunisten, wenn sie nicht an der Macht waren, immer taten, Kreide gefressen. Das Problem der Sozialisten ist, daß sie ökonomisch nur statisch statt dynamisch denken können, Reichtum einseitig im Haben-Modus definieren und nicht begreifen, daß es weniger auf Verteilung als auf Produktion ankommt. Dazu ist ein gewisses Maß an sozialer Ungleichheit unerläßlich. Die Union, besonders im Osten, kann alldem jedoch nur glaubhaft entgegentreten, wenn sie selbst frei von etatistischen und "antikapitalistischen" Illusionen ist. Dies ist nur bedingt der Fall. Das Denken Ludwig Erhards muß wieder angeeignet werden.
Obwohl die PDS in der Tat ein Überalterungsproblem hat und eine "bunte Truppe" vor allem darstellt, und man darauf auch immer hinweisen muß, kann die ideologische und politische Anpassung, die sie momentan durchläuft, auf Dauer virulent bleiben.
Sie kann sich jedoch in verschiedene Richtung entwickeln. Ist sie wirklich eine Multi-Kulti-Partei? Man beachte den links-rechten, manche meinen rot-braunen Dialog zur nationalen Frage unlängst im ND. Die DDR war eine völkische Idylle mit einer Ausländerpolitik, die im Westen als faschistisch denunziert worden wäre, aber die Westlinke bezeichnenderweise nie störte... Die Mentalität vieler SED-Leute hatte eine faschistoide Dimension. Ihre heutigen Wähler stimmen gar nicht so selten für PDS und DVU. Dem muß die Union einen gelassenen Patriotismus entgegensetzen, nicht aber die unreife, linke Antwort auf den Nationalsozialismus - den Nationalmasochismus.
Es ist eine Illusion zu glauben, Fremdenfeindlichkeit sei vor allem mit sozialer Befriedung zu begegnen. Deshalb ein paar Worte zum Thema ABM.