Kurras - und was noch? Schleppende Aufarbeitung, Bürgerrechtler bei Personalpolitik der BStU diskriminiert.

Fuchs vs. Gauck II

Personalpolitik, weiß jeder Zuständige, ist immer die Grundlage für Inhalte und Intensität der Arbeit. Der Einigungsvertrag sah für Bewerber öffentlicher Stellen Einstellungsverbot vor, sofern sie gegen "Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit" verstoßen hatten. Das betraf u.a. MfS-Mitarbeiter, Grenztruppenoffiziere, hauptamtliche SED-Funktionäre. Joachim Gauck: "Selbstverständlich überprüfen wir unsere Leute auch auf Stasi-Mitarbeit. Wir durften und wollten jedoch keine politische Gesinnungsprüfung durchführen. Nach früherer SED-Mitgliedschaft zum Beispiel durfte nicht gefragt werden."

Am 15.1.97 antwortete der Bundestag auf eine kleine Anfrage (Drucksache 13/6599): Der Bundesbeauftragte beschäftige fünfzehn ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des MfS, darunter einen Oberst, einen Oberstleutnant, vier Majore - hochgradige Offiziere mit Agentenausbildung. Elf dieser Übernommenen arbeiten in den sensiblen Bereichen der Behörde, in den Archiven mit den zum Teil ungeordneten, nicht registrierten Hinterlassenschaften des MfS. Zum Schutz der Akten, schreibt das Stasi-Unterlagengesetz vor, haben nur zwei Personen gemeinsam Zutritt. Jürgen Fuchs erzählt in Magdalena von Fällen, in denen beide Personen ehemalige MfS-Mitarbeiter waren.

Die Öffentlichkeit wisse seit 1990 um die Beschäftigung von hauptamtlichen Mitarbeitern des MfS, sagt Joachim Gauck. Er könne nichts tun. Laut Arbeitsgerichtsentscheid hätten sie inzwischen das Anrecht auf Dauerbeschäftigung. Von der Empörung Betroffener, in deren Akten die ehemaligen Täter Einblick nehmen, spricht er nicht. Der vom Bundestag als Kontrollgremium eingesetzte Beirat hatte frühzeitig auf diesen unhaltbaren Zustand hingewiesen. Hier staut sich etwas.

Bei aller Transparenz, etwa im Vergleich zum absichtlich angelegten Steuerdschungel der Finanzämter und zur Verwaltung der Arbeitslosigkeit durch Arbeitsämter, bei allem Engagement und Bürgernähe vieler Mitarbeiter der Akten-Einsichts-Behörde, moderiert wird auch sie inzwischen von Leuten, die begrenzen, die nach außen abwiegeln. Aber dieses Prinzip wird auch durchbrochen von mutigen Mitarbeitern wie dem, der das peinliche Dossier an die Öffentlichkeit brachte.

"Der Dichter handelt, indem er die Bedrohung, die alle betrifft, aufdeckt" (Siegfried Lenz). Jürgen Fuchs hat die Finger auf wunde Stellen gelegt. Dreißig Jahre nach 1968 hatten die Bürger in der Bundesrepublik vor der Verbehördung ihrer Verwaltungen weithin kapituliert. Dabei sollten die nichts als ihr Dienstleister sein. Am Beispiel der "Gauck-Behörde" durchbricht Fuchs das Tabu einer sich verkehrenden Welt.

Andere Dimensionen in Magdalena sind noch zu entdecken. Sie sind gleichermaßen unbequem: - Die Unterwanderung der Gesellschaft durch antidemokratische Interessengruppen. - Der Menschenrechtsdiskurs, Diktaturen, neue, moderne Verbrechen, auch "in China hinter der Mauer", Wirtschaftskontakte ohne Einflußnahme auf Menschenrechtsverletzungen... Mit Magdalena ist Haltung wieder gefragt. "Ein halber Sieg ist einzugestehen..."

Quelle: Kommune. Forum für Politik, Ökonomie, Kultur, Mai 1998
http://www.oeko-net.de/Kommune/kommune5-98/Dgauck.htm

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